Lernen leicht gemacht – Erwachsene lernen anders
Erwachsene haben (auch) Vorteile beim Lernen
Lange Zeit galt die Annahme, dass das menschliche Gehirn nach der Kindheit und Jugend an Lernfähigkeit verliert. Das stimmt und ist doch falsch zugleich. Denn dieses düstere, einseitige Bild vom Lernen im Erwachsenenalter wird durch neuere Erkenntnisse deutlich aufgehellt. Während Kinder oft als Schwämme beschrieben werden, die Wissen mühelos aufsaugen, zeigen neuere pädagogische Forschungen, dass Erwachsene aufgrund ihrer Lebenserfahrung und entwickelten Fähigkeiten einen ganz anderen Zugang zum Lernen haben. Aber worin genau unterscheiden sich diese Lernstile und welche Vorteile bringt das erwachsene Lernen mit sich?
Schwamm vs. kognitive Reife
Erwachsene bringen eine Vielzahl von Vorteilen in den Lernprozess ein, die in der Kindheit noch nicht vorhanden sind. Einer der wichtigsten Vorteile ist die kognitive Reife. Was meint das? Erwachsene können auf einen reichen Schatz an Erfahrungen und Vorwissen zurückgreifen. Beides ermöglicht ihnen, neue Informationen mit bestehendem Wissen zu verknüpfen. Solche Verknüpfungen erleichtern es dem Gehirn enorm, das neue Wissen zu behalten. Doch nicht nur das: Eine Verknüpfung mit einer Erfahrung oder einem Beispiel aus dem eigenen Lebensalltag sorgt auch für eine größere Anschaulichkeit und hilft damit, das neue Wissen besser einzuordnen und tiefergehend zu verarbeiten.
Erfahrung als Lern-Beschleuniger
Die Lebenserfahrung spielt also eine entscheidende Rolle beim Lernen im Erwachsenenalter. Sie ermöglicht es Erwachsenen, neues Wissen nicht nur isoliert zu betrachten, sondern in einen größeren Kontext zu stellen. Dies hilft nicht nur beim Verstehen neuer Informationen, sondern auch bei der Anwendung und Integration des Gelernten in praktischen Situationen. Im besten Fall erleichtert es sogar das Verständnis von komplexen Zusammenhängen.
Beispielsweise kann ein Erwachsener, der lernt, wie man eine neue Software benutzt, auf frühere Erfahrungen mit ähnlichen Programmen zurückgreifen. Diese Fähigkeit zur Kontextualisierung und zum Transfer von Wissen ist ein enormer Vorteil, der das Lernen effizienter und relevanter macht.
Strategisches Lernen und Lernbewusstheit
Ein weiterer Vorteil, den Erwachsene beim Lernen haben, ist ihre höhere Lernbewusstheit – d.h. das größere Bewusstsein und Verständnis über das eigene Lernen. Erwachsenen wissen in der Regel besser als Kinder, wann sie am besten lernen und wie sie im besten lernen können. Sie sind besser in der Lage, ihre Lernstrategien auszuwählen, zu überwachen und anzupassen. All das führt zu einem effektiveren Lernen.
Erwachsene nutzen oft bewusst Lernstrategien, die zu ihrem Lebensstil und ihren Lernzielen passen – wie etwa das Planen von Lernzeiten rund um die Arbeit oder die Auswahl von Lernmaterialien, die direkt auf ihre individuellen Bedürfnisse zugeschnitten sind. Diese strategische Herangehensweise ermöglicht es Erwachsenen, trotz der Herausforderungen, die das Alter mit sich bringt, erfolgreich zu lernen.
Motivation als Treibstoff
Kinder lernen oft, weil sie von außen dazu angehalten werden. Erwachsene hingegen entscheiden sich im besten Fall bewusst dafür, etwas Neues zu lernen – sei es aus beruflichen Gründen, persönlichem Interesse oder dem Wunsch nach Selbstverwirklichung. Sie bringen also eine höhere Eigenmotivation und größeres Engagement mit. Die Motivation, die aus eigenem Antrieb und Interesse entsteht, steigert die Ausdauer beim Lernen. Sie hilft, auch Hindernisse im Lernprozess zu überwinden.
Oftmals führt die Eigenmotivation bei Erwachsenen auch zu einem höheren Maß an Zielorientierung und Zweckmäßigkeit beim Lernen. Sie verstehen den Wert der Bildung in Bezug auf ihre Karriereziele, persönliche Entwicklung oder soziale Integration. Sie können dadurch auch viel besser relevantes Wissen von weniger relevantem Wissen unterscheiden. Dieses bewusste Bewerten und Zielsetzen macht den Lernprozess für Erwachsene effektiver und effizienter.
Nehmen wir an, eine Bürokauffrau möchte eine neue ERP-Software lernen, um beruflich voranzukommen. Ihre Motivation treibt sie an, sich intensiv mit der Materie auseinanderzusetzen und auch bei Rückschlägen nicht aufzugeben. Aus ihrer beruflichen Erfahrung weiß sie, welche Anwendungsfälle wie oft vorkommen und worauf sie also ihr besonderes Augenmerk richten muss. Sie kann die neue Softwarebedienung mit ihren bisherigen Erfassungs- und Klickwegen vergleichen. Selbst dort, wo die Bedienung bei der neuen Software ganz anders ist, kann sie sich dies als Unterschied merken und es damit mit bereits vorhandenem Wissen verknüpfen. Wenn sie nun noch weiß, wie oft und mit welchem zeitlichen Abstand sie einen wichtigen Erfassungsweg in der neuen Software nochmals wiederholen muss, damit er wirklich „sitzt“, dann kann sie ihr Lernen so gestalten, dass es ihr maximalen Nutzen bringt und zu einem tieferen und nachhaltigeren Lernerfolg führt.
Fazit: Nicht langsamer, sondern anders
Die pädagogische Forschung zeigt, dass das Lernen im Erwachsenenalter nicht notwendigerweise langsamer oder weniger effektiv ist als das Lernen bei Kindern – es ist einfach anders. Die Fähigkeit, auf Erfahrungen zurückzugreifen, strategisch zu planen und Wissen in andere Zusammenhänge zu stellen, bietet Erwachsenen einzigartige Vorteile im Lernprozess.